Das Bombole
In der jetzigen Mönchstraße (früher Hindenburgstraße) befand sich einer der wichtigsten Kaufläden in Mittelstadt, der Gemischtwarenladen von Heinrich Knecht und seiner Frau Anna. Der Heinrich wurde von allem das Bombole genannt. Da gab es alles zu kaufen was das Herz begehrte. Nichts war verpackt, alles wurde abgewogen und in Tüten gefüllt.
An den Wänden waren viele Schubladen aus dunklem Holz, die mit Schätzen gefüllt waren, die das Bombole zu verkaufen hatte. Alles durcheinander gemischt, das störte niemanden. Nicht wie heute alles genau nach Ordnung. Hier war in jeder Schublade etwas anderes. Dadurch herrschte im ganzen Laden ein unbeschreiblicher Duft nach der Vielfalt der Dinge: Käse, Kaffee, Essig, Öl, Gewürze, Tee, Waschpulver, Seife usw. Doch wer kaufte schon Bohnenkaffee? Man kaufte Zichorie und Malzkaffee oder höchstens mal einen Schwarzen Tee. Alle anderen Teesorten hatte man ja selbst gesammelt. Und dann die Leckereien! In den großen Gläsern gab es offene Bombola zu kaufen, die meisten ohne äußere Papierle. Für 5 oder 10 Pfennig bekam man eine Tüte voll.
Obst gab es nicht viel, auch noch kein Gemüse oder Salat, das hatte man selbst im Garten. Vielleicht mal Orangen oder Bananen, vornehmlich wenn jemand krank war. Weine kaufte man auch selten, man hatte ja Moste im Keller. Und Sprudel auch nicht, das machte man mit Brausepulver oder man trank als Kind Wasser, heimlich auch Most. Butter war als ¼ Pfund zu haben, der Heinrich zerschnitt dann ein ½ Pfund Päckchen in der Mitte. Senf wurde offen aus einem großen Kübel mittels Pumpe in das mitgebrachte Glas gefüllt, für 5 Pfennige. Essig und Öl gab es ebenfalls aus einem Fass in die Flasche. Zucker, Mehl, Salz und Grieß, alles holte man offen. Der Heinrich hat alles mit Gewichtssteinen abgewogen und in braune Tüten gefüllt. Auch ½ Pfund Butter konnte man kaufen, je nachdem wie schwach der Geldbeutel war.
Der Heinrich selbst – ein seltenes, gutmütiges Original! Dauernd rief es: Anna, Anna, wo hab ich es denn? Weil er nicht finden konnte, befühlte die vier Taschen seines Arbeitsmantels von oben bis unten. Sein Gebiss hat schrecklich gewackelt und er hat immer vor sich hingepfiffen, wahrscheinlich um seine Zähne einigermaßen am Platz zu halten. Alle Leute, die großen und die kleinen, jeder kam gerne zu ihm. Immer war er freundlich und zuvorkommend und jedes Kind bekam sein Bombole.
Quelle: unbekannt