Die Klosterzeit
In Pfullingen stifteten Irminhild und Mechthild, zwei adelige Frauen aus dem Geschlecht der Pfullinger Rempen, im Jahre 125o ein Frauenkloster, dessen Bau anscheinend auch sofort begonnen wurde. Schon 1252 zogen die ersten Nonnen aus dem Orden der Klarissinnen in die noch unfertigen Gebäude ein. Aber erst 1278 konnte das Kloster voll bezogen werden. Vornehmlich für adelige Fräulein aus dem Ort und der näheren Umgebung war diese Gründung gedacht.
Dieses Frauenkloster war nicht nur ein neues geistiges Zentrum und ein Hort großer Frömmigkeit, sondern auch Ausgangspunkt einer recht erfolgreichen Güterpolitik. Denn jedes Kloster dieser Zeit trachtete danach, Land und Güter zu erwerben und diese durch neue Erwerbungen zu vergrößern.
So verstanden die geistlichen Frauen des Klosters es sehr geschickt, sich nach und nach in Pfullingen einen Eigenbesitz von 400 Morgen Größe zu schaffen. Schließlich gehörte ihnen auch das Dorf Genkingen und der Weiler Reicheneck. Hier ließ das Kloster Pfullingen einen künstlichen Fischweiher von 5 ha Größe anlegen, dessen Staudamm heute noch gegenüber der Einmündung der von Mittelstadt kommenden Straße in die Straße Rommelsbach — Metzingen zu sehen ist. Die Flurnamen Seewald und Seewiesen und der Seebach weisen noch auf diesen einstigen Fischweiher hin. Aber auch nach Mittelstadt gingen die Interessen des Pfullinger Klosters. Uns erinnert noch der Flurname Nonnenwasen an diese Zeit.
Die Mittelstädter Güter des Klosters Pfullingen sind ehemaliger Besitz adeliger Herren, die ihre Höfe dem Kloster entweder verkauften oder schenkten.
So verkauften 1268 Sigboto und Rudolf von Hundersingen Güter in Mittelstadt an das Kloster. 1299 schenkten Graf Ulrich von Berge und seine Söhne Heinrich und Ulrich um ihres eigenen und ihrer Eltern Seelenheil willen alle ihre Mittelstädter Güter dem Kloster Pfullingen und versprachen dazu noch, auch künftige Erwerbungen dort dem Kloster zu eignen.
1294 verkaufte Heinrich von Riet sein Gut zu Mittelstadt ebenfalls an die Pfullinger Nonnen. Um 1330 erhielt das Kloster von den Truchsessen von Urach Besitz in Mittelstadt. 1347 gab Ulrich Truchsess von Urach (auf Stöffeln) seiner Tochter einen halben Hof und allen seinen Mittelstädter Besitz ins Kloster mit. 1344 kam das Stramen gut ins Kloster.
1350 verkaufte der Remp von Pfullingen des Sattlers Gut zu Mittelstadt an die geistlichen Frauen.
Eine alte Verkaufsurkunde aus dem Jahre 1294
Sie enthält die Übereignung eines Mittelstädter Gutes an Kloster Pfullingen. Der Text der Urkunde lautet: »Ich Hainrich von Rieth (Altenriet), tu kund allen, die diesen Brief vernehmen, dass ich mein Gut zu Mittelstadt, das da gehört zum Berge (Graf von Berg), habe verkauft den Frauen von Sankt darens Orden zu Pfullingen um dreißig Pfund (Geld). Und sie sollen dasselbige Gut behalten (umtreiben) Jahr und Tag nach eigenem Recht. Dies sind Bürgen: Eberhart von Husen und Friedrich Bondörfer ...« Es folgt die Erklärung, dass seine Brüder Werner und Eberhard keine Ansprüche auf dieses Gut haben. Eine lange Reihe von Zeugen dieses Verkaufes wird aufgeführt. Interessant ist, dass die Stadt Reutlingen ihr Siegel zu dieser Urkunde gegeben hat. Es war gewissermaßen die Garantie dafür, dass dieser Handel rechtlich in Ordnung war. (Foto: Hauptstaatsarchiv Stuttgart)
Die Fischrechte im Neckar konnte das Kloster 1359 an einen Kunz Schübeli verleihen. Vorher hatten sie schon sein Bruder und sein Vater.
Die Mühle war bereits um 1291 in den Händen des Klosters, denn damals stritt es schon mit dem Herrn der Burg Mörsberg (Pliezburg) wegen eines Wehrs, das an seine Burgwiese stieß. Demnach dürfte die Mühle wahrscheinlich mit den Gütern der Herren von Hundersingen um 1268 an Kloster Pfullingen gekommen sein.
1407 verkaufte Heinrich Truchsess von Neuhausen Gülten und Zinsen in Mittelstadt an die Nonnen.
1413 gelang es den tüchtigen, geistlichen Frauen von Pfullingen schließlich auch, die Mittelstädter Kirche dem Kloster einzuverleiben. Der Widumhof, das Kirchengut also, kam als Zubehör der Kirche zur gleichen Zeit an das Kloster. Der Hof war 120 Morgen groß. Damit belief sich der Klosterbesitz in Mittelstadt auf etwa 130 ha; das war ein Fünftel der Gesamtgemarkung.
Die Pfullinger Nonnen bewirtschafteten ihre Güter natürlich nicht selbst, sondern verliehen sie an Mittelstädter Bauern, die dafür den jährlichen Zins zu entrichten hatten. Einzelheiten darüber stehen in dem Kapitel »Lebensherren und Lehensbesitz«. »Unterm Krummstab ist gut leben«, hieß es damals in den Orten, die den Klöstern gehörten. Dies galt sicher auch für die Mittelstädter Bauern, die Leibeigene oder Hörige des Klosters Pfullingen waren. Denn neben den vielen Pflichten, die sie gegenüber dem Kloster hatten, besaßen sie auch Rechte, auf die sie auch pochten, wenn es notwendig wurde. So klagten zum Beispiel 1509 die Mittelstädter gegen das Kloster Pfullingen, dass ihr Rindvieh mit dem einen Farren des Widummaiers nicht genügend versehen sei und dass das Kloster und der Maier sie besser versorgen müsse. Und das aus Natur und Eigenschaft des Widumhof es und weil das Kloster den großen Zehnten zu Mittelstadt allein einnehme und empfange.« Die bedeutendsten Höfe des Klosters Pfullingen waren der erste und zweite Hof im Zehnthof (Krone mit Zehntscheuer) sowie der Widumhof im Lodenberg (Nr. 3 a, Decker).
1534 wurde mit der Reformation in Württemberg sämtlicher Besitz der Klöster vom damaligen Herzog Ulrich eingezogen, ihr Vermögen und ihre Einkünfte flossen ihm von nun an zu. Das heißt, dass von diesem Zeitpunkt an auch die Mittelstädter Güter des Klosters Pfullingen an das Haus Württemberg kamen; verwaltet wurden sie jedoch nach wie vor von einem dem Württembergischen Herzog unterstehenden Klosteramt in Pfullingen, an das auch die hiesigen Zehnten abgeliefert werden mussten. Erst 1806 wurde auch dieses Klosteramt aufgelöst.
Die Geschichte unseres Dorfes ist durch Jahrhunderte so eng mit dem Kloster Pfullingen verbunden, dass auch in anderen Kapiteln dieses Buches diese Beziehungen zwangsläufig immer wieder sichtbar werden müssen.