Wild und Vogel
Sehen wir davon ab, dass, verursacht durch die hohe Bevölkerungsdichte und entsprechend intensive Bewirtschaftung, nur noch Reste der aus Urzeiten bekannten Tierarten Lebensmöglichkeit finden, so erfreut uns immer noch eine Anzahl Tiere mit ihrem Anblick. Die Tierliebe des Volkes hat uns Gesetze finden lassen, die das Lebensrecht der Tiere respektieren.
Mit diesem Beitrag möchten wir lediglich eine Art Bestandsaufnahme der Zeit um 1965 geben und wünschen dem Leser für alle Zeit eigene, beglückende Erlebnisse. In Wald und Feld haben etwa 25 Rehe ihren Einstand. Der Hasenbesatz wird sich auf etwa 8o Stück belaufen, Füchse normalerweise um 15 Tiere. Infolge der Tollwut wird augenblicklich eine Begasungsaktion durchgeführt, die den Bestand radikal dezimiert. Darunter leiden auch die Dachse, so dass anstatt etwa 6 Exemplaren nur noch eines oder zwei die Röhren beziehen. Fasanen wurden vor einem Jahrzehnt wieder-holt ausgesetzt und haben sich gut eingebürgert. Nach Schätzungen an den Fütterungen kann mit 3o Stück gerechnet werden. Erstaunlich gut hält sich das Rebhuhn. 8 Gesperre mit je etwa 10 Tieren bevölkern die Feldflur. Bliebe an jagdbarem Wild — außer Flugwild — noch das Große Wiesel (Hermelin) mit etwa 15 Exemplaren erwähnenswert. Viel seltener ist das Mauswiesel. Iltis, Steinmarder und Edelmarder kommen vor, jedoch so wenig, dass keine Zahl angegeben werden kann. Als Überraschung kann nach mehrjährigem Fehlen die Ausbreitung des Eichhörnchens angesehen werden. Die waffenlose Zeit nach dem 2. Weltkrieg begünstigte die Vermehrung der Sauen derart, dass sie zur Plage wurden. Inzwischen ist der Bestand so gründlich reduziert worden, dass keine mehr ihre Fährten durch unsere Markung ziehen.
Neben diesen Tieren sind es die Vögel, welche durch ihr liebenswürdiges Wesen unsere Aufmerksamkeit gewinnen. In und um unseren Ort herum erfreuen sie uns durch verhältnismäßigen Artenreichtum, weil ihnen in verschiedenen Kleinlebensräumen Wohnung geboten ist.
Da ist zunächst der Neckar, auf den wir so stolz sind. Wir hoffen, dass sein Missbrauch als Kloake eines Tages wie ein böser Traum vorbei sein wird und er wieder, wie noch in den dreißiger Jahren, klares Wasser führen darf. Seine große Zeit beginnt im Winter, wenn die heimischen Stockenten durch nordische Zuzügler verstärkt werden. Zu Hunderten liegen sie dann vornehmlich im unteren Neckar (Nonnenwasen). ln dieser Zeit erfreut auch manch seltene Beobachtung, besonders wenn die Baggerseen zugefroren sind. Nicht zu übersehen sind die beiden schwarzen Gesellen Teichhuhn und Bläßhuhn. Der Zwergtaucher hat sich von dem eisigen Winter 62/63 er-holt. Bedauerlicherweise kann dies vom Eisvogel nicht gesagt werden. Seitdem ist seine Bruthöhle oberhalb des Schüttewäldles verwaist. Leider stellt sich der Graureiher im Raum zwischen Tübingen und Nürtingen nicht mehr als Brutvogel ein. Er wird das Schicksal des Storches teilen müssen. Unverständlicherweise hat er immer noch eine Schußzeit, und nicht alle Jäger erkennen ihre Verantwortung gegenüber dieser Wildart.
Neben dem Neckar sind es die mit Gebüsch bestandenen Bachläufe, die vielen Klein-vögeln Nistgelegenheit bieten. Gut wäre zweifellos die Beibehaltung der bisherigen Nutzungsform, das Zurückschlagen auf den Stock. Dann würden die in Erdnähe brütenden Arten immer günstige Wohnplätze finden und sich erhalten können. Höhepunkte in diesem Lebensraum waren die Gastspiele, welche die Königin der Sängerfamilie, die Nachtigall, den begeisterten Zuhörern in den vergangenen Jahren gab. Ausgedehnte Baumfelder beherbergen wiederum eine andere Vogelgesellschaft. Die beiden Würger, Raubwürger und Rotkopfwürger, sind hier die »Stars«. Ersterer fehlte nach dem strengen Winter ein Jahr völlig und beginnt nun wieder das Revier zu beziehen. Der »Rotköpfige« war in den letzten Jahren immer mit 4-5 Brutpaaren vertreten. Auffallend ist die starke Einbürgerung der Wacholderdrossel. Werden für abgehende hohle Bäume künstliche Nistgelegenheiten angebracht, nehmen Höhlen- und Halbhöhlenbrüter diese gerne an.
Braunkehlchen und auch vielleicht noch Feldschwirl brüten speziell in Wiesen. Sie leiden sehr darunter, dass der Heuet mit Hilfe der Maschinen in so kurzer Zeit durch-geführt wird. Wird dieser nicht durch schlechtes Wetter verzögert, haben sie keine Zeit, ihre Brut hochzubringen. Gelingt diesen Arten keine Änderung ihrer Brutgewohnheiten, ist ihr Weiterbestand in Frage gestellt.
Schafweiden und Wegraine sind den Bodenbrütern so recht willkommen. Verteilt stehende Sträucher, Rosenstöcke, Grasbulten und dgl. bieten Schutz für mehr Vogelnester als man annehmen möchte. Daher auch das Verbot, diese Stellen nicht durch das völlig sinnlose Abbrennen zu verwüsten. Die Unbelehrbaren mögen sich doch einmal im Herbst davon überzeugen, welch vielgestaltige Pflanzenwelt, mit vielen Heilpflanzen darunter, sich an ungestörten Rainen farbenprächtig entfaltet. Daneben stehen die mit Steppengras überwucherten regelmäßig geflämmten Plätze.
Im Wald erreicht die Artenvielfalt ihren Höhepunkt. Hier horsten auch die ebenso volkstümlich wie falsch mit dem Sammelnamen Habicht belegten Greifvögel. Während ausgerechnet der Namenslieferant seit langen Jahren fehlt, ist sein kleinerer Vetter, der Sperber, vorhanden. Allerdings darf man bei Greifen nicht die Markungsgrenzen für den Brutnachweis gelten lassen, vielmehr liegt unsere Markung im Re-vier der Greife. So zählt auch der Baumfalke als Brutvogel des Gebietes. Häufiger ist der Turmfalke anzutreffen. Am eindruckvollsten zeigen sich die Mäusebussarde, wenn sie oft zu mehreren am Himmel kreisen. Kaum ausrottbar ist die Mär von seiner Gefährlichkeit; man traut diesem Vogel eben mehr zu, als nur allerdings äußerst geschickt betriebene Mäusejagd. Dass dies jedoch fast ausschließlich so ist, bewies der strenge Winter mit lange liegender Schneedecke. In beängstigender Anzahl häuften sich Meldungen von verhungert gefundenen Bussarden. Gierig nahmen sie von Tierfreunden ausgelegte Fleischabfälle an. Sie können eben keine gesunden größeren Tiere oder gar Flugwild schlagen. Regelmäßig brüteten in den vergangenen Jahren Roter und Schwarzer Milan im Wolfegg. Im vergangenen Jahr gesellte sich erstmalig der Wespenbussard dazu. Zählt man noch die dort durchschnittlich brütenden zwei Paare Mäusebussarde hinzu, erscheint dieses Waldstück auffallend bevorzugt. Immer wieder muss der Winter 62/63 als harter Einschnitt für die Stand und Strichvögel erwähnt werden. So hat er auch den Eulenbestand zum Teil radikal vernichtet. Waldkauz und Waldohreule konnten sich erhalten. Dagegen fehlt die Schleiereule völlig und zwar im ganzen Land. Nicht viel besser erging es dem Steinkauz. Beide Arten werden lange brauchen, bis sie wieder heimisch sind.
Folgen wir ihnen in ihren Lebensraum, den Ort, treffen wir auch hier eine spezielle Artengruppe an. Niemandem entgehen die jedes Frühjahr freudig begrüßten Schwalben. Beide, Rauch- und Mehlschwalbe, haben einen beängstigenden Rückgang. Hier könnten nur in großem Umfang überörtlich angebrachte künstliche Nester Abhilfe bringen. Neu eingestellt hat sich seit vier Jahren die Türkentaube, die in wenigen Paaren im Ort nistet.
Markante Erscheinungen im ornithologischen Bereich sind die Saatkrähenflüge, vermischt mit Dohlen, die sich im Winter bei den Auffüllplätzen einstellen, ebenso, wenn die Kiebitze im Frühjahr auf den Feldern Rast einlegen. Meist sind sie mit Drosseln und Staren vergesellschaftet. Auf viele interessante Zugerscheinungen kann in diesem Rahmen verständlicherweise nicht eingegangen werden, wie überhaupt obige Angaben nur ein Auszug sein können. Dem interessierten Beobachter möge unten angeführte Liste der Brutvögel dienen.
Erfreulich ist, dass es auch immer schon Idealisten gab, die sich dem Schutze der Vögel annahmen. Wie aus einer Akte aus dem Jahr 1921 hervorgeht, waren es 45 Mittelstädter Bürger, die sich damals dem »Verein der Naturfreunde« in Metzingen an-geschlossen hatten. Ihrem Antrag, die Gemeinde möge 100 hölzerne Nisthöhlen, das Stück zu 3,5o DM, erwerben und aufhängen lassen, wurde stattgegeben, was noch heute unsere Anerkennung findet. Dieser Gruppe verdanken wir auch die Anlage des Vogelschutzgehölzes im Hardt. Dass man seine Lieblinge auch kennenlernen wollte, war Folge oder Voraussetzung für diesen praktischen Vogelschutz. Nicht anders ist es auch heute. Eine kleine Gruppe, die sich im Wesentlichen aus den Reihen des Schw. Albvereins rekrutiert, hat sich der Sache angenommen.
In 80 selbstgefertigten Holzbetonhöhlen wachsen jedes Frühjahr die Bruten heran und beglücken ihre Beschützer durch den Einblick in ihre Kinderstube. Gleichzeitig werden die Jungvögel mit Ringen der Vogelwarte Radolfzell beringt. Dadurch wurden Erfahrungen gewonnen, die den Weg für eine wirksame forstliche Schädlingsbekämpfung eindrucksvoll demonstrieren.
Ebenso ist dieser Beitrag ein Ergebnis der Beobachtungen dieser Gruppe. Nachstehend nun die Liste der heimischen Brutvögel. Ein 0 bezeichnet die Zugvögel darunter. Die Angaben über die Ankunftsdaten stammen aus den langjährigen Auf-schrieben des Herrn Karl Fischer, Oberlehrer, Metzingen und stellen Mittelwerte dar. Buchstaben geben Auskunft über die Häufigkeit auf Grund von Schätzungen. So bedeutet
S = Selten bis 3
E = Einzeln bis 15
M = Mehrere bis 50
H = Häufig bis 100
V = Verbreitet
F = Fehlt z. Z.