Die Allmende
Das heute noch in unserem Ort gebräuchliche Wort Allmand bezeichnete früher den Gemeindebesitz. Es ist eine Ableitung aus dem Wort Allgemeinde und bedeutet soviel wie »was allen gemein ist«, d. h. was allen gehört. Dieser Gemeindebesitz beschränkte sich nicht auf die Fluren, sondern dazu gehörten auch Wege und Straßen. So lesen wir im Fleckenlagerbuch von 157o immer wieder, dass ein Haus mit irgendeiner Seite auf die »Gemeinde« stößt; zumeist bezeichnete sie die Straße, die eben auch Allmende war.
Zunächst waren alle Raine Allmende, so auch der Riethrain, ferner gehörten dazu in der Regel die Wälder, die ja auch als Weide genutzt wurden und durch den starken Viehverbiß sicher oft kaum anders als Weiden aussahen. Die großen Mittelstädter Allmenden haben sich jedoch an den Gemarkungsgrenzen befunden. Der Flurname »Blauhut« in der Nähe des Dorfes könnte auch auf Weidebetrieb hinweisen, wäre dann aber sicherlich Allmende einer fremden Gemarkung gewesen. Aus der Lehensbeschreibung von 1760 ist uns ferner der Flurname Kühställin für die heutige Flur Vor Rohbuch (Firma Beck) überliefert. Diese Bezeichnung deutete unbedingt auf mittelalterlichen Weidebetrieb in diesem Gemarkungsteil hin. Umfangreicher heutiger Gemeindebesitz in den Fluren Hungerhalde, Kirrisgrube, Heiden, Vor Hohbuch, Vorderer Lachenhau, Unterer Lachenhau, Hochbuch, Aspenwasen und Hinterm Holz lassen ebenfalls auf frühere Allmende schließen. Zudem war es die Regel, dass Allmenden sich am Rande der Gemarkung befanden, dorfnah waren nur die Ackerfluren. Die Allmenden wurden als Viehweiden genutzt. Gegen eine entsprechende Gebühr konnte man den Hirten das Vieh »unter den Stecken geben«. Es blieb vom frühen Frühjahr bis zum Ende des Herbstes auf der Weide.
In der Mitte des 18. Jahrhunderts, als die Bevölkerung in den Dörfern sprunghaft anwuchs und die Ackerflur knapp wurde, verlangten vor allem die Tagelöhner und die wenig begüterten Bauern die Aufteilung von Allmenden in Ackerfelder. Aber da kamen sie beim Schultheißen und den Gemeinderäten, die zu den Wohlhabenderen im Dorfe gehörten, schlecht an. Diese bezeichneten die Erfüllung jenes Wunsches regelmäßig als »unmöglich«. »Die Viehzucht ist noch das einzige, womit der Bauer sichernähren kann, deshalb darf die Viehweide nicht geschmälert werden; die Schafweide wirft einen hohen Ertrag ab, dessen Wegfall die Gemeindekasse nicht ertragen könnte; Schafe bringen mehr ein, als bei der von der Bürgerschaft vorhabenden Menschen und Vieh schädlichen Sauererdbierenpflanzung herauskommen würde; mit Wollespinnen kann man soviel verdienen, als mit Erdbierenpflanzen; baut man den Boden an den Abhängen an, so wird bald genug Wasser alle Erde fortnehmen und nackte Steinriegel stehen zutage; die zur Verteilung vorgeschlagenen Plätze sind zudem ganz ungeeignet und es wäre schade für die starken Buchen, die noch darauf stehen; überhaupt ist es meist nur Geiz und Unverstand, der die Austeilung verlangt, von Lumpen und Faulenzern, die ihr eigenes Vermögen durchgebracht haben und nun auch andere ruinieren wollen« (Viktor Ernst, OAB Urach 1909).
Die so Zurückgewiesenen wandten sich an die Staatsgewalt. 1790 erhielt Mittelstadt über das Oberamt Urach auch dann einen Erlass von der württembergischen Regierung mit folgendem Wortlaut: »Da ohnehin der Weidegang die schlechteste Art ist, aus einem Feld Nutzen zu ziehen und man bei der immer zunehmenden Bevölkerung zu wünschen Ursache hat, daß die Viehweiden durch den Anbau besser benützt werden und dagegen, wie es an mehreren Orten schon mit Erfolg geschehen, die Stallfütterung eingeführt werde . .
Die Stallfütterung setzte sich schließlich doch durch und damit auch die Allmendverteilung. Um 183o war die Rindviehweide in Mittelstadt ganz aufgehoben. Die zur Verteilung bestimmten Allmendteile wurden in gleichmäßige Stücke aufgeteilt und unter die Bürger verlost. Die Zuteilung geschah entweder auf Lebenszeit oder für 9, 12 oder 15 Jahre.
Diese Verlosung brachte es mit sich, dass der Gesamtanteil des Einzelnen an der Allmand schließlich aus einer Vielzahl von Parzellen bestand, die über die ganze Gemarkung verstreut waren. Um diese Missstände zu beseitigen, wurde in Mittelstadt 1854 eine Allmandregulierungskommission gebildet, bestehend aus den 3 Gemeinderäten Jakob Röhm, Jakob Knecht und Baltes Knecht sowie aus den Bürgerausschußmitgliedern Obmann Knecht, Jakob Knecht (Acciser) und Adam Knecht. Die Allmandregulierung, d. h. die Zusammenlegung kleinerer Stücke zu größeren Stücken, wurde noch im selben Jahr durchgeführt.