Omnibus Lutz
Ab 12. August 1938 wurde der Mittelstädter Omnibusverkehr von Erich Fauser und Wilhelm Lutz mit zwei Omnibussen betrieben. Ein Bus war für die Linie Metzingen und Reutlingen, ein anderer für Omnibus-Reisen bestimmt. Einige Monate später wurde eine Arbeiterlinie für die Fa. Melchior über Walddorf — Häslach und Schlaitdorf nach Neckartenzlingen gefahren. Es handelte sich hier um einen Schichtverkehr morgens ab 4.00 Uhr, mittags zum Schichtwechsel und abends um 22.00 Uhr.
Im August 1939 begann der Krieg und Wilhelm Lutz wurde mit dem noch neueren Bus eingezogen. Erich Fauser blieb mit dem anderen zurück und bediente weiterhin die Linie Metzingen und Reutlingen, ebenfalls den Schichtverkehr nach Neckartenzlingen. Auf dieser Strecke Schlaitdorf — Neckartenzlingen wurde der Bus im September 1944 von Tieffliegern angeschossen, Erich Fauser wurde getroffen und war sofort tot. Mit einem Fahrer und dem angeschossenen Bus wurde der Busverkehr nun weiterbetrieben, bis Wilhelm Lutz August 1945 aus der Gefangenschaft ohne seinen Bus, welchen er mitgenommen hatte, wieder zurückkehrte. Jetzt musste neu begonnen werden.
Aus dem Kreis Reutlingen waren es noch ganze drei Busse, welche der Krieg übrigließ. Der Busverkehr nach Metzingen und Reutlingen wurde ganz stillgelegt. Es galt nun zuerst, den Verkehr zwischen Reutlingen und Stuttgart, der infolge Eisenbahnbrücken- und Geleisesprengungen nicht von Zügen bedient werden konnte, aufrecht zu erhalten. Von diesen drei Omnibusunternehmen wurde wirklich allerhand verlangt und man fuhr ein- bis dreimal täglich nach Stuttgart. Mit den Holzgasern mußte man jede Steigung meiden und so führte der Weg durchs Neckartal bis zur Eszet-Schokoladenfabrik und dann nach Stuttgart. Der Bus war vollgestopft bis auf den letzten Platz, sogar auf dem Dach des Busses wurde manches verstaut. Allmählich fuhren nun wieder Züge nach Stuttgart.
Jetzt wurde aus dem Omnibus ein Möbelwagen. Die Sitze wurden herausgenommen und wochenlang transportierte man die evakuierten Leute mit ihren Habseligkeiten wieder zurück in ihre Heimat.
Im Frühjahr 1946 wurde der Linienverkehr nach Metzingen und Reutlingen wieder aufgenommen und mit dem alten Holzgaser-Bus mehr Leute befördert als heute mit drei Omnibussen. Wie und wo sie alle untergebracht waren, fragte niemand, sie gaben sich zufrieden und waren froh darüber, überhaupt an ihr Ziel zu gelangen.
Infolge Verbesserung der Linien und Busreisen mussten laufend neue Fahrzeuge angeschafft werden. Zur Zeit besitzt Wilhelm Lutz sechs Omnibusse. Der erste Linienomnibus fährt morgens um 4 Uhr aus der Garage, der letzte kommt um 23 Uhr heim. Täglich werden 12-16 Fahrten auf der Linie Metzingen (ca. 55o Personen) und 7-11 Fahrten auf der Linie Reutlingen (ca. 25o Personen) durchgeführt. Dazu kommt noch der Schichtverkehr zwischen Mittelstadt — Tischardt — Bempflingen und Mittelstadt — Neckartenzlingen — Altdorf — Bempflingen. Einen großen Raum im Fahrtenprogramm nehmen auch die Omnibusreisen ein, die Wilhelm Lutz und seine Fahrer in den Sommermonaten bis zu 85 mal je Monat an Ausflugsorte im In- und Ausland führen.
Nachstehendes Gedicht, von Pfarrer Dr. Helmut Lamparter verfasst, beschreibt sehr anschaulich, was einer erleben konnte, der im Jahre 1946 »eine Reise tat«, und sei es nur von Mittelstadt nach Metzingen